Geschichte
Rheintal-Oberländer Schwingerverband 1908 - 2024
Man weiss nicht, wie lange vorher schon geschwungen wurde in dieser Landesgegend, sicherlich schon einige Zeit vor der Gründung des Rheintalischen Schwingerverbandes. So fand der erste NOS-Schwingertag im Jahre 1893 in Rorschach und somit in den Gemarkungen des Rheintaler Verbandes statt, und 1897 organisierte Grabs ein grosses Schwingfest, an dem sich auch Aktive ausserhalb unseres Kantons beteiligten.
Gründung des Schwingerverbandes Rheintal
Am 23. Februar 1908 erfolgte in Altstätten die Gründung des Schwingerverbandes Rheintal. An den damals sehr beliebten Turnfesten zeigte sich immer deutlicher, dass für die Vornoten die hierzu nötige Trainingsarbeit aufgebracht wurde, die unerlässliche Technik im Ringen und Schwingen jedoch fast gänzlich fehlte.
Diese offensichtlichen Mängel bewogen Albert Dietrich, Balgach, die Vorbereitungen zur Gründung eines Schwingerverbandes an die Hand zu nehmen. Ihm zur Seite standen Ulrich Dierauer aus Berneck sowie Jakob Graf aus Rebstein. Insgesamt 27 Nationalturner aus dem Gebiet von Murg bis Steinach folgten der Einladung und bestätigten mit ihrer Unterschrift den Beitritt zum Schwingerverband Rheintal.
Die erste Hauptversammlung fand am 3. Mai 1908 in Rorschach statt. Nebst den Beratungen der Statuten erfolgte als wichtigster Beschluss ein allfälliger Beitritt in den im selben Jahr zu gründenden St. Galler Kantonalen Schwingerverband.
Aller Anfang ist schwer
Noch im Gründungsjahr 1908 wurde in Bad Ragaz der erste Verbandschwingertag durchgeführt. Das Schwingen, wie wir es heute kennen, bekam erst gegen Ende des vorletzten Jahrhunderts, allmählich seinen eigenen Charakter, während es vorher an den Festen lediglich ein Bestandteil neben Disziplinen wie Ringen, Steinstossen, Steinheben und Hochweitsprung war. 1920 wurde beschlossen, dass künftig die turnerischen Disziplinen und das Ringen wegfallen sollen. Seither wurden die Schwingfeste in der heutigen Form durchgeführt.
Regelmässig fanden nun - mit wenigen Ausnahmen während des ersten und zweiten Weltkrieges - jährlich Verbandsfeste und Hauptversammlungen statt. Während dieser schwierigen Zeiten wurden viele Aktive und Funktionäre des Verbandes unter die Fahne gerufen und leisteten ihren Wehrdienst. Wenn auch in etwas bescheidenem Rahmen, konnten trotz dieser Kriegswirren die verbandsinternen Geschäfte und Anlässe mehr oder weniger durchgeführt werden.
Immer mehr äusserten die Schwinger des Oberländer Turnverbandes den Wunsch, einen eigenen Oberländischen Schwingerverband zu gründen und aus dem angestammten Rheintaler Verband auszutreten. Diesem Antrag stellte sich die Kantonale Delegiertenversammlung 1927 in Balgach entgegen und bestimmte klar und deutlich, dass sie sich den Rheintalern anzuschliessen und der Schwingerverband Rheintal künftig den Namen «Rheintal-Oberland» zu führen hätte.
Gemäss den Verbandsprotokollen existierte von 1934 – 1937 ein neuer Schwingklub Quarten, der sich jedoch dem Glarner Verband anschloss. Verhandlungen führten nicht zum Erfolg und der Klub verschwand wieder aus der Verbandsgeschichte. Im Jahr 1937 wurde der Schwingklub Mels gegründet, der sich schon bald als solider Träger des Verbandes etablierte. Anfang April 1944 wurde in Bad Ragaz der Schwingklub Calanda aus der Taufe gehoben, damit «dieser bodenständige Schweizersport auch in Bad Ragaz und Umgebung heimisch werden soll». Der Schwingklub Calanda führte 1944 das Rheintal-Oberländische Verbandsfest in Bad Ragaz durch. Aus welchen Gründen der neue Klub wieder verschwand, lässt sich nicht genau eruieren.
Weitere Klubgründungen
Am 27. November 1967 wurde im Restaurant Hirschen in Trübbach der Schwingklub Wartau ins Leben gerufen. Bereits im Jahr darauf organisierte der junge Klub erstmals den beliebten Gonzenberg-Schwinget, der seither in regelmässigen Abständen zur Austragung gelangt.
Am 7. Dezember 1990 gründeten 102 Anwesende im Restaurant Kreuz in Montlingen den Schwingklub Mittelrheintal. In unzähligen Frondienststunden erstellten die Klubmitglieder in Montlingen bei den Sportanlagen Kolbenstein eine grosszügige Schwinghalle mit den entsprechenden Nebenräumlichkeiten. Der Verbandsschwingertag am 26. April 1998 fand zugleich als Einweihungsschwingfest der neuen Schwinghalle statt.
Im Aufwind
Die Erfolge der Aktiven zeichneten zunehmend ein erfreuliches Bild. Ernst Willi sen., Paul Jordi, Andreas Eggenberger und Otto Walther waren die Spitzenschwinger anfangs der 40-er Jahre. Ernst Willi sen. erkämpfte sich dreimal den Eidgenössischen Kranz, was später auch Willi Egeter gelang, welcher am Kilchberger Schwinget 1952 zudem noch mit dem Schönschwingerpreis ausgezeichnet wurde. Der aus der Innerschweiz zugezogene Walter Haldemann, Rebstein, wurde 1950 in Grenchen als Erstgekrönter ausgerufen, nachdem er bereits 1948 in Luzern den zweiten Schlussrang belegte.
Hans Hanselmann, Weite, gelang es ebenfalls, sich zweimal (1956 und 1958) unter die Eidgenössischen Kranzträger zu reihen. Je einmal (1948) konnten sich Walter Büchel, Oberriet, und (1956) Karl Büchel, Lüchingen, den Eidgenössischen Kranz erschwingen.
Dieses Kunststück schaffte in den Anfangszeiten des Rheintaler Verbandes auch Karl Hartmann, Azmoos, im Jahre 1921 in Bern.
Landesweit gefürchtet
Anfangs der 60-er Jahre trat Ruedi Kobelt, Marbach, endgültig ins Rampenlicht. Fünf Eidgenössische Schwingerkränze, davon zwei zweite Ränge 1964 in Aarau und 1966 in Frauenfeld unterstreichen seine ausgezeichneten Leistungen. Dem brillanten Techniker wurde am Kilchberger Schwinget 1962 der Schönschwingerpreis zugesprochen. Zur gleichen Zeit reihte sich auch sein Bruder Max fünfmal unter die Eidgenössischen Kranzträger. Sein zweiter Rang 1974 in Schwyz war der Höhepunkt in seiner ebenfalls erfolgreichen Karriere.
Der Melser Manfred John, späterer Kantonal- und NOS-Präsident, wurde dreimal mit Eidgenössischem Eichenlaub gekrönt. Ernst Willi jun., Mels, und Albert Langenegger, Oberriet, konnten sich 1966 in Frauenfeld den Eidgenössischen Kranz aufsetzen lassen.
Schwingerhochburg Rheintal- Oberland
Beim Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest 1977 in Basel stand Peter Steiger, Oberriet, mit sieben gewonnenen Gängen als Schlussgangteilnehmer fest. Im alles entscheidenden Duell musste er sich dann Arnold Ehrensberger, Winterthur, geschlagen geben. 1980 in St. Gallen gelang Peter Steiger nochmals das Kunststück, sieben Gänge zu gewinnen und er belegte den zweiten Schlussrang. Insgesamt kann Steiger viermal Eidgenössisches Eichenlaub sein Eigen nennen. Mit dem fünften Eidgenössischen Kranz in Folge beendete Ruedi Suter, Mels, nach Langenthal 1983 seine aktive Zeit als Schwinger. Dort wurde der Ehrenplatz zur allgemeinen Überraschung ein weiteres Mal durch einen Rheintal-Oberländer, nämlich Stefan Ackermann, Mels, belegt. Der Grabser Mathias Vetsch konnte an den drei Eidgenössischen Schwingfesten 1980, 1983 und 1986 vor die Kranzjungfern treten.
Seine zwei Eidgenössischen Kränze erkämpfte sich Lothar Herrsche 1983 und 1986. Dazwischen stand er 1984 am Kilchberger Schwinget gegen den Schwingerkönig Ernst Schläpfer im Schlussgang. Trotz der Niederlage belegte er verdientermassen den Ehrenplatz.
Beim Eidgenössischen Schwingfest 1989 in Stans wurden Heinz Nigg, Pfäfers, und Paul Ackermann, Mels, mit dem Kranz gekrönt. Heinz Nigg gelang in Olten 1992 ein zweiter Kranzgewinn und Paul Ackermann schaffte dies nochmals am Eidgenössischen 1995 in Chur. Auch Karl Steiger, Altstätten, konnte in Chur vor die Kranzjungfern treten. Nach langer Durststrecke von fast drei Jahrzehnten konnte sich Marco Good, Sargans, in Pratteln BL 2022 den Kranz mit Eidgenössischer Prägung aufsetzen lassen.
Eigene Fahne
Am 1. Mai 1977 fand in Sennwald mit der Präsentation einer eigenen Verbandsfahne ein wichtiger Markstein in der Geschichte des Rheintal-Oberländer Schwingerverbandes statt. Die Fahne wurde im Beisein vieler Vertreter aus Politik und Sport und unter grosser Spannung enthüllt und feierlich eingeweiht und begleitet seither unseren Verband in guten und schlechten Zeiten.
Dazu gelangte - wie es sich gehört - gleichentags auch ein Fahnenweihschwinget zur Austragung (Sieger Peter Steiger, Oberriet)
Eindrückliche Jubiläums-Feste und Geburtstagsfeiern
Das Jubiläumsschwingfest zum 50-jährigen Bestehen fand 1958 in Buchs statt (Sieger Karl Oberholzer, Uznach).
Als Festort für den ganztägigen Jubiläumsschwingertag «75 Jahre Rheintal-Oberländer Schwingerverband» 1983 wurde Mels bestimmt. Ende August fand das Schwingfest mit Gästen aus allen sieben NOS-Kantonen und insgesamt 120 Aktiven statt (Sieger Jörg Schneider, Winterthur).
Das Schwingfest zum 100-jährigen Jubiläum gelangte Ende März 2008 in Grabs zur Austragung. Insgesamt 153 Schwinger aus allen sieben NOS-Kantonen, dazu Schwinger vom Schwingklub Kirchberg BE und der Schwingersektion Lungern OW traten zum Wettkampf an. Im Schlussgang standen sich die beiden Könige Jörg Abderhalden und Nöldi Forrer gegenüber. Dabei genügte für Jörg Abderhalden, Nesslau, ein Gestellter zum Festsieg.
Die eigentlichen Jubiläumsfeiern dieser «runden» Geburtstage fanden jeweils gegen Ende des betreffenden Jahres statt. Dazu konnten an all diesen Anlässen viele geladene Gäste mit Rang und Namen aus Politik und Sport begrüsst werden. Dabei wurde jeweils allen Geladenen eine gediegene, reich bebilderte Jubiläumsschrift mit einem Abriss über die vergangenen, erfolgreichen des Verbandes abgegeben.
Früh übt sich, was ein Meister werden will
Der Förderung des Nachwuchses wurde im Rheintal-Oberländer Schwingerverband immer ein besonderes Augenmerk geschenkt. Dabei schien es wichtig, den anvertrauten Schützlingen nicht nur das ABC des Schwingens beizubringen, nein, ebenso stehen korrektes Auftreten, Fairness und Kameradschaft im Vordergrund. Der erste Kantonale Jungschwingertag wurde deshalb wohl nicht zufällig 1952 in Oberriet durchgeführt. In den Schwinghallen sorgten ab den 70-er Jahren die Verantwortlichen für ein geordnetes Training, welches meistens unter der Leitung des Jungschwingerbetreuers und von Aktivschwingern abgehalten wurde. Auch in unserem Verbandsgebiet wurden seit den 70er Jahren regelmässig Schwingfeste für den Nachwuchs durchgeführt.
Mitgliederbestand
Schon früh wurde dem Mitgliederbestand grosse Beachtung geschenkt. Viele Jahre bewegte sich der Bestand an Mitgliedern um die 200 und stieg nach dem Zweiten Weltkrieg kontinuierlich an. Im Jubiläumsjahr 1958 betrug der Bestand 400 Mitglieder und bis 1973 steigerte man sich auf 830 Mitglieder. Ein Jahr später wurde erstmals die 1000-er Grenze überschritten, und im Jubiläumsjahr 1983 zählte der Verband 1780 Mitglieder. 1976 waren wir für kurze Zeit der Unterverband mit den meisten Mitgliedern im Kanton. Anfangs der neunziger Jahre zählte der Rheintaler Verband erstmals über 2000 Mitglieder. Seither hat sich diese Zahl bei rund 2000 Mitgliedern eingependelt.